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Messtechnik auf fliegenden Plattformen

Termin:
30.10.2023
Fördergeber:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Der Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat im März 2023 die Einrichtung des Schwerpunktprogramms „Messtechnik auf fliegenden Plattformen“ (SPP 2433) beschlossen. Als Laufzeit sind sechs Jahre vorgesehen. Die DFG lädt hiermit ein zur Antragstellung für die erste dreijährige Förderperiode.
Es gibt einen stetig steigenden Bedarf der Gesellschaft und der Industrie an Mess- und Sensorsystemen für Freifeldmessungen, beispielsweise um die Auswirkung nicht vorhersehbarer Umwelteinflüsse auf Gebäude, Anlagen und Pflanzen zu verstehen. Tatsächlich werden Unterwasserfahrzeuge, Bodenfahrzeuge, Flugzeuge und Satelliten seit Langem als mobile Messplattformen genutzt, um dort zu messen, wo sich die Messaufgabe befindet. Der bodennahe Raum, den der Mensch bewohnt, intensiv gestaltet und bewirtschaftet, erstreckt sich typischerweise vom Boden bis in circa 500 Meter Höhe. Entsprechend finden sich hier viele Messaufgaben, insbesondere für die Erkundung sowie Überwachung von Anlagen und Umwelt. Für die Erschließung dieses Messfelds sind erst seit einer vergleichsweise kurzen Zeit kleine unbemannte Flugobjekte, sogenannte Drohnen (engl.: uncrewed aerial vehicle, UAV), für den zivilen Einsatz in großer Vielfalt kommerziell verfügbar.
Da die zivile Drohnentechnologie im Vergleich zu anderen mobilen Systemen noch sehr jung ist und fortlaufend technologische Fortschritte verzeichnet, bieten Drohnen ein noch unerforschtes Potenzial für ihren Einsatz als mobile Messsystemträger. Im Gegensatz zu einer Laborumgebung muss mit umwelt- und drohnenbedingten, teils unvorhersehbaren Quereinflüssen umgegangen werden, und es gibt bei Drohnen sehr enge Limitierungen hinsichtlich des Gewichts, des Bauraums, der Energie und der Zeit. Dies grenzt auch die Möglichkeiten bei der Datenvorverarbeitung, der Datenspeicherung und des Datentransfers ein. Zugleich werden bislang eher qualitative Informationen insbesondere auch mit künstlicher Intelligenz aus Bilddaten extrahiert, während es kaum quantitative Messungen mit Messunsicherheiten gibt. Wenn aber z. B. eine Aussage über die Tragkraft einer beschädigten Brücke oder die strukturelle Integrität des Rotorblatts einer Windenergieanlage benötigt wird, so können nur Messwerte mit Unsicherheitsangaben zu einer verlässlichen Aussage führen.
Das übergeordnete Forschungsziel ist somit, das noch nicht ausgeschöpfte Potenzial und die Grenzen mobiler, drohnenbasierter Messsysteme für die Erfassung von (Mess-)Größen mit einer zugeordneten Messunsicherheit zu erschließen. Im Schwerpunktprogramm werden folgende vier Akzente gesetzt:
- Erschließung von neuen Messprinzipien und Methoden für Drohnen. Bei den Prinzipien sollen über rein passive Kamerasysteme hinausgehende, beispielsweise aktive Messverfahren (wie laseroptische, akustische oder thermische Anregung und Radiowellen- oder Laserabtastung) nutzbar gemacht oder neue, auf lokal messenden Sensorsystemen basierende Messverfahren untersucht werden. Insbesondere sollen zudem Methoden zur Korrektion von Störungen durch Umwelt- und Drohneneinflüsse erforscht werden.
- Im Bereich der Gerätetechnik sind die größten Herausforderungen die eingeschränkte Verfügbarkeit der Ressourcen Raum, Gewicht, Energie und Zeit, mit entsprechend begrenzten Möglichkeiten bei der Sensortechnologie, der Datenvorverarbeitung, der Datenspeicherung und des Datentransfers. Deshalb soll die Eignung bestehender Sensorkonzepte erforscht und konkrete Fortschritte bei der Sensorminiaturisierung und der Minimierung des Energie- bzw. Leistungsbedarfs verfolgt werden. Neue Wege zur Energieversorgung (z. B. Energy Harvesting oder Energieversorgung mit einem Laser) drohnenbasierter Messtechnik sollen auch erforscht werden.
- Im Bereich der Signalverarbeitung sollen Fortschritte bei einer energieärmeren Messdatenauswertung und -übertragung sowie energiebewussteren Signalverarbeitungsmethoden und Kommunikationskonzepten angestrebt werden. Ausgehend von drohnenbasierten Einzelsensorsystemen wird auch deren kombinativer Einsatz mit einer Sensordatenfusion und -kommunikation untersucht, um die Messfähigkeit für mehr Sensorgrößen zu realisieren.
- Schließlich sollen die drohnenbasierten Sensor- und Messsysteme nicht allein anhand der bei den Umwelt- und Drohneneinflüssen erreichbaren Messunsicherheit, sondern die erreichbare Messgüte stets in Verbindung mit den verwendeten Ressourcen Raum, Gewicht, Energie und Zeit bewertet werden. Mit dieser erweiterten, mehrdimensionalen Bewertung, einer „Kostenberechnung“ der erforderlichen Ressourcen pro Messunsicherheit und dem Aufdecken von Skalierungsmechanismen soll einerseits eine Vergleichbarkeit ermöglicht und andererseits das flexibel gestaltbare Potenzial der Messtechnik auf fliegenden Messplattformen einheitlich beschreibbar werden.
Ziel aller Projekte ist es, die gegenwärtigen Grenzen drohnenbasierter Messungen zu erweitern. Es sollen die Potenziale von mobiler Messtechnik mit Drohnen in Theorie und Anwendung erforscht und ein Fortschritt für die diesbezüglichen messtechnischen Grundlagen erreicht werden. Hierfür ist es erforderlich, dass jedes Projekt alle folgenden vier Themengebiete behandelt:
- Messprinzip und –methoden
- Sensorik
- Signalverarbeitung und Kommunikation
- Bewertung der Messgüte und Ressourcen
Forschungsthemen können beispielsweise ein Messprinzip zur Erschließung einer Messgröße, die Realisierung eines Sensorprinzips mit geringerer Bauform und ein energiesparendes Signalverarbeitungskonzept sein. Es ist möglich, den Forschungsschwerpunkt auf mindestens zwei der insgesamt vier Themengebiete zu setzen. Zur Förderung enger, interdisziplinärer Arbeiten sind neben Einzelvorhaben auch Zusammenarbeiten von zwei Antragstellenden aus unterschiedlichen Themengebieten möglich und erwünscht.
Durch die Zusammenführung der individuellen Arbeiten im Projekt sowie die projektübergreifende Zusammenarbeit im Schwerpunktprogramm sollen die Grundlagen für ein neues Paradigma geschaffen werden: Drohnen als fliegende Messplattformen für valide, quantitative Messungen mit einer Messunsicherheitsangabe.
Nicht gefördert werden:
- Qualitative „Messungen“
- Messungen außerhalb des Höhenbereichs von 0,5 m bis 500 m
- Passive kamerabasierte Messverfahren im sichtbaren Bereich
- Arbeiten zu Messsystemen ohne Freifeldexperimente mit einer Drohne
- Arbeiten ohne Auswertung des Messunsicherheitsbudgets
- Arbeiten, die auf eine Optimierung der gegebenen Flugregelung der Drohne abzielen
Das Schwerpunktprogramm ist für einen Förderzeitraum von zweimal drei Jahren ausgelegt.
Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Projektergebnissen sicherzustellen und den Forschungsfokus auf die Grundlagen der Messtechnik und nicht auf die Auslegung und den Betrieb der Drohne zu gewährleisten, müssen die Messsysteme der Antragstellenden jeweils auf handelsüblichen Drohnen realisiert werden, die einer von zwei nachfolgend festgelegten Nutzlast-Klassen zuordenbar sind. Die erste Klasse mit einer Nutzlast bis fünf Kilogramm dient der Untersuchung kleiner, kostengünstiger Systeme, mit denen das Zusammenspiel mehrerer Einzelsysteme bis hin zu den Messfähigkeiten von Schwärmen untersucht werden kann. Die zweite Klasse stellt ein größeres System mit hoher Traglast dar, beispielsweise für eine gesteigerte Anzahl an Sensoren und Maßnahmen zur Reduzierung von Quereinflüssen, bei denen die verfügbare Nutzlast zwischen fünf bis zehn Kilogramm liegt. Tiefergehende Eingriffe in den Betrieb, die Flugregelung und die Kommunikation zur Drohnensteuereinheit sind nicht Bestandteil der Forschungsvorhaben. Die Ausgangslage für die Bewertung der Messunsicherheit bildet der internationale „Guide to the expression of uncertainty in measurement“ (GUM).
In der ersten Phase sollen schwerpunktmäßig neue Messgrößen und Messmethoden für Drohnen identifiziert und ein Proof-of-Concept mit einem Demonstrator umgesetzt werden. Dabei wird explizit auf passive, kamerabasierte Verfahren verzichtet, die im sichtbaren Wellenlängenbereich sensitiv sind, da diese im Stand der Technik bereits im großen Umfang eingesetzt werden. Stattdessen sollen zum Beispiel aktive Systeme untersucht werden, die Signale aussenden und die Antwort dazu auswerten, sowie auf lokal messenden Sensorsystemen basierende Verfahren.
Beginnend mit der Realisierung der ersten Demonstratoren wird bereits auf eine energiebewusste on-board-Datenaufnahme, Signalverarbeitung und Kommunikation zwischen Drohne und Bodenstation geachtet, um mit den Limitierungen von Gewicht und Energieverbrauch sowie bei begrenzter Speicherkapazität ein Maximum an Informationen aufnehmen und speichern zu können. In dieser Phase geht es jedoch explizit noch nicht darum, ein vollständig automatisiertes oder gar autonomes System anzustreben. Ebenso ist zunächst noch kein kombinierter Einsatz von zwei oder mehreren Einzelsystemen geplant, weshalb sich die zu erarbeitende Kommunikation der fliegenden Messplattform auf die Kommunikation mit der Bodenstation zum Zweck der Steuerung des Messsystems und des Messdatentransfers beschränkt.
Schließlich soll mit einer Modellierung der Messung ein hinreichendes Verständnis der Wirkmechanismen gelingen, um die erreichbare Messgüte in Abhängigkeit von den begrenzten Ressourcen bei der Anwendung auf fliegenden Messplattformen beschreiben zu können und entsprechende Gütekennzahlen für Einzelsysteme einzuführen.
In der zweiten Phase liegt dann der Schwerpunkt auf der vertieften Erforschung der aus der Anwendung auf fliegenden Messplattformen entstehenden Quereinflüsse auf das Messsignal. Des Weiteren soll geklärt werden, inwiefern sich mit einem Multi-Drohnen-Ansatz bzw. einer Schwarmbildung die Messfähigkeiten erweitern lassen. Hierzu soll u. a. die Fragestellung einer Signalverarbeitung entweder zentral an einem Ort oder dezentral verteilt auf verschiedene Akteure behandelt werden. Schließlich soll die Modellvorstellung genutzt werden, um eine Vergleichbarkeit der mit unterschiedlichen eingesetzten Ressourcen erreichbaren Messunsicherheit zu ermöglichen. Damit einhergehend sollen Skalierungsmöglichkeiten des betrachteten Messsystems entsprechend der verfügbaren Ressourcen untersucht werden, um die erreichbare Messgüte an die verfügbaren Ressourcen anpassen zu können.
Für interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besteht die Möglichkeit, an einem vorbereitenden Treffen teilzunehmen. Dieses findet am 3. Juli 2023 in virtueller Form statt. Zur Teilnahme melden Sie sich bitte beim Sprecher des Schwerpunktprogrammes (Kontakt unter „Weiterführende Informationen“) bis zum 27. Juni 2023 an.
Reichen Sie Ihren Antrag bitte bis spätestens 15. Oktober 2023 bei der DFG ein.
Weitere Informationen:
https://www.dfg.de/foerderung/info_wissenschaft/ausschreibungen/info_wissenschaft_23_43/index.html

/DFG/ Engineered Living Materials with Adaptive Functions, deadline: 23. October 2023