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Schutz für den Schiffsrumpf: Fraunhofer IMWS präsentiert Antifouling-Lack auf der MS Wissenschaft

von Michael Kraft
Prof. Dr. Ralf B. Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer IMWS, erläutert Prof. Dr. Antje Boetius, Vorsitzende des Lenkungsausschusses von Wissenschaft im Dialog, und Matthias Graf von Kielmannsegg, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Bildung und Forschung (von rechts), das Antifouling-Exponat auf der MS Wissenschaft. © Ilja Hendel/Wissenschaft im Dialog
Algen, Seepocken und Muscheln, die sich am Rumpf festsetzen, sind in der Schifffahrt ungebetene Passagiere: Sie erhöhen den Treibstoffverbrauch und beschädigen das Material. Am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS wurde gemeinsam mit Partnern ein ungiftiger Lack entwickelt, der dieses Biofouling effektiv verhindert. Die Technologie stellt das Fraunhofer IMWS ab heute auf der MS Wissenschaft vor: Die schwimmende Ausstellung steuert 35 Städte an und bietet eine Entdeckungsreise durch die Welt der Meere und Ozeane.

Feste Oberflächen, die man ins Meer eintaucht, werden von Mikroorganismen, Algen, Seepocken und Muscheln schnell als Lebensraum erobert. Für die Schifffahrt ist dieser Bewuchs ein gravierendes Problem: Liegt ein Schiff vor Anker, setzen sich innerhalb kurzer Zeit diverse Organismen am Rumpf fest und bilden dicke Schichten, die das Schiff schwerer machen und den Strömungswiderstand erhöhen. Der Kraftstoffverbrauch steigt dann erheblich, verbunden mit entsprechend höheren Kosten und Schadstoffemissionen.

Die Lösung könnte eine Lackierung sein, die vom Fraunhofer IMWS gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, der bioplan GmbH, der NTC NanoTechCoatings GmbH und der Schiffswerft Barth GmbH entwickelt wurde: Der Lack besteht aus mehreren Schichten, kann Strom leiten und ist somit als Elektrode für die Elektrolyse geeignet. Durch die Lackschichten fließt ein schwacher Gleichstrom von 0,1 Milliampere (mA) pro Quadratzentimeter. Die äußere Schicht des Lacks fungiert dabei einmal als Anode, an der Sauerstoff und Chlor entstehen. Das Wasser in unmittelbarer Umgebung der Oberfläche wird sauer, der pH-Wert sinkt. In regelmäßigen Abständen wird der Stromfluss umgepolt. Die Lackschicht wird nun zur Kathode, an der Wasserstoff und damit ein basisches Milieu entsteht. Jetzt steigt der pH-Wert wieder an. Durch den ständigen Wechsel wird ein pH-Stress erzeugt, der die Ansiedlung von Mikroorganismen verhindert. Dieses Verfahren, von der bioplan GmbH patentiert, wurde vom Fraunhofer IMWS entscheidend weiterentwickelt.
Die Methode ist deutlich umweltfreundlicher als bisher übliche Antifouling-Lacke, die oft giftige Stoffe beinhalten, die sich im Wasser und Sediment anreichern und Meeresbewohner schädigen. »Mit unserem System schützen wir die Schiffe vor Bewuchs, das Wasser vor giftigen Stoffen und das Klima vor unnötigen Emissionen«, bringt Prof. Dr. Ralf B. Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer IMWS, die Idee auf den Punkt. Er präsentierte die Technologie heute zur Eröffnung der MS Wissenschaft in Kiel. Auf dem Ausstellungsschiff können Besucher mehr zum Problem des Biofoulings, den Folgen für die Wirtschaft und der Antifouling-Lösung aus Halle erfahren. Die Ausstellung zeigt an mehr als 30 Stationen zu verschiedenen Themen, welche Bedeutung die Weltmeere für das Klima haben, welche Rolle sie als Rohstoffquelle spielen und wie wir die Ozeane schützen und sinnvoll nutzen können, ohne sie auszubeuten.
Die Forscher des Fraunhofer IMWS wollen die Antifouling-Technologie, die sich bereits in einem Langzeitversuch in der Ostsee und einem ersten Schiffsversuch bewährt hat, nun für den großtechnischen Maßstab weiterentwickeln. Mit der Schiffswerft Barth wird dazu an der Ostsee ein moderner Teststand aufgebaut und ein Schiff für entsprechende Langzeitversuche ausgerüstet. Am Fraunhofer IMWS in Halle entsteht für die weitere Optimierung der leitfähigen Lacke eine Lackieranlage, die unter anderem von der Böhnstedt Lackier- und Oberflächensysteme GmbH Berlin ausgerüstet wird.
»Wenn wir die Langzeitstabilität des elektrochemischen Antifoulingsystems gezeigt haben, können wir einen wirksamen und umweltscho­nenden Schutz gegen Biofouling zur Verfügung stellen, der unter Werftbe­dingungen installiert werden kann«, sagt Projektleiter Dr. Uwe Spohn. Auch für andere Anwendungsfelder sei die Technologie interessant. Denn Biofouling spielt auch in der Kühl- und Klimatechnik, bei der Trinkwasser­aufbereitung oder bei den Fundamenten von Offshore-Windturbinen eine große Rolle.

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